tag_der_pflegenden-1.jpg?nc=1652451168Zum Tag der Pflegenden sollten in den berechtigten Diskussionen um Wertschätzung, Fachkräftemangel und Arbeitsbedingungen als wichtige Schlüsselthemen auch Bildung und Weiterbildung für Pflegeberufe stärker in den Blick genommen werden.

Für die berufliche Entwicklung von Pflegenden gibt es zahllose Angebote der Aus- und Weiterbildung in einer großen regionalen Unterschiedlichkeit und mit vielen heterogenen Vorgaben und Anforderungen. Dazu muss man nicht einmal den internationalen Vergleich heranziehen. Allein die Weiterbildungsverordnungen der Bundesländer weisen viele Unterschiede und Inkonsistenzen aus. Hinzu kommen noch Vorgaben von Kostenträgern, Fachgremien oder Leitlinien, die eine systematische pflegerische Bildungspolitik aktuell sehr aufsplittern.

Als Beitrag zur Verbesserung des Berufsbildes ist Bildung unerlässlich und für die bessere Entwicklung und Förderung von Qualifikationen wird immer wieder die länderübergreifende Vereinheitlichung von Anforderungen gefordert, wodurch Aus- und Weiterbildungskataloge in übergreifenden Bildungskonzeptionen mehr systematischer Kompetenz- und Tätigkeitsorientierung enthalten sollen. Zwangsläufig setzt dies die Schaffung eines bundeseinheitlichen kompetenzorientierten Qualifikationskonzepts voraus, das 

  • ein neues Qualitätsverständnis von verschiedenen Bereichen der Fachpflege und Sonderfunktionen mit differenzierten Kompetenzniveaus definiert,
  • eine qualifizierte Erweiterung von Tätigkeitsfeldern im multiprofessionellen Setting ermöglicht,
  • eine klare Abgrenzung schafft, welche Verantwortlichkeiten und Anforderungen mit welchen Qualifikationsniveaus verbunden sind, und 
  • innerhalb des praktischen Berufsfeldes mehr bildungsbiographische Durchlässigkeit zwischen den EQR-Levels 4 bis 6 im internationalen Vergleich bietet.

Qualifizierte Fachpflege wird derzeit gesetzlich nicht gefördert und in Deutschland in keinem SGB finanziert. Die undifferenzierte Definition von Pflege nach dem SGB XI führt in ihrer Nivellierung eher zu einer fortlaufenden Deprofessionalisierung der Pflegeberufe, weil Fachpflegeleistungen im System so gut wie nicht abgefragt werden. Folglich ermöglichen die aktuellen Strukturen zu wenig Fachpflege mit entsprechender Qualifikation und Abgrenzung zu anderen Pflegeaufgaben, was faktisch einen erheblichen Beitrag auch zu Fluktuation und Personalmangel im Pflegesektor leistet. 

Die angestrebte Professionalisierung und länderübergreifende Standardisierung benötigt ein neues Verständnis von Fachpflege. Das bildungs- und berufspolitische Ziel ist daher als logischer Folgeschritt nach dem vorhandenen Ausbildungsgesetz der Generalistik die Schaffung eines bundesweiten Weiterbildungsgesetzes der Fachpflege: Ein Stehenbleiben bei der generalistischen Ausbildung bedeutete zwangsläufig einen fachpflegerischen Rückschritt, weil die Generalistik nur im Zusammenhang mit der fachpflegerischen Spezialisierung sinnvoll erscheint. Hinzu kommt, dass die Absolvierung von Weiterbildungsmaßnahmen dadurch an Bedeutung gewonnen hat, dass sie zunehmend nicht nur fakultative persönliche Entwicklung sind, sondern zur Zulassungsvoraussetzung für die Berufsausübung bestimmter Aufgabengebiete werden.

Zentraler Ansatz muss anstelle der bisher fast vollständig formalisierten Vorgaben allein nach Stundenumfang, Unterrichtsform etc. ein kompetenzorientierter Lehransatz für alle Formen der Qualifizierung in der pflegerischen Aus- und Weiterbildung werden: in den Fokus von Learning-Outcome-Orientierung gehören Kompetenzen und Qualifikationsniveaus.

Hierzu bedarf es einer Neuorganisation bundeseinheitlicher Struktur- und Qualitätskriterien für die kompetenzorientierte Aus-, Fort- und Weiterbildung in Pflegeberufen. Im Rahmen eines Weiterbildungsgesetzes könnte die Einführung einer Systemakkreditierung etwa nach dem Beispiel der Anerkennung von privaten Hochschulen mit klaren Kriterien der erforderlichen Anforderungen an institutionelle Strukturen, Kompetenzen, Didaktik und zu erreichende Lernziele gemäß EQR auch für den Weiterbildungssektor berücksichtigt werden. 

Damit könnten dauerhaft anerkannte Abschlüsse für Bildungs- und Weiterbildungsangebote auch im Pflegesektor gewährleistet werden, die den Absolventen tatsächliche Entwicklungsperspektiven bieten. Für die Definition von Kriterien in einem solchen Akkreditierungsverfahren könnte eine neutrale Beratungs- und Anerkennungsstelle, wie zum Beispiel die Pflegekammern befähigt werden.

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